Nein zum frauenpolitischen Vertragsbruch:
- Freitag, 18. November 2016 @ 14:42
Gleiches Pensionsalter erst bei tatsächlicher Gleichstellung!
Auf der ÖVP-Webseite zum Thema Pensionen finden wir dieses bedrohliche Statement: „Auch über Frauenpensionen diskutieren. Zum Thema Sicherung der Pensionen gehört auch eine vernünftige Diskussion über das Frauenpensionsalter. Klar ist, dass das frühere gesetzliche Antrittsalter für viele Frauen eine Karrierebremse bedeutet, weil oft der letzte Karriereschritt im Hinblick auf die baldige Pensionierung nicht vollzogen wird – das zeigt auch das Pensionskonto. Gleichstellung ist Chance und nicht Bedrohung.“ „Gleichstellung“, das klingt auf den ersten Blick sehr frauenfreundlich. Doch die Gründe für niedrige Pensionen von Frauen sind ganz andere – wie jede/r gelernte Österreicher/in weiß.
Gleichbehandlungspaket umsetzen!
Wir wollen eine vernünftige Diskussion, eine, die auf Fakten beruht: 1991 schnürte Frauenministerin Johanna Dohnal gemeinsam mit Frauen des ÖGB, der AK und aller im Parlament vertretenen Parteien, mit Ausnahme der FPÖ, ein „Gleichbehandlungspaket“. Es sollte die Schlechterstellung und Diskriminierung von Frauen in gesellschaftlicher, familiärer und ökonomischer Hinsicht abbauen. Die Maßnahmen waren „als Gesamtschau der aus Frauensicht notwendigen Mindestvoraussetzungen zu sehen, die realisiert oder eingeleitet werden müssen, bevor schrittweise eine Angleichung des Pensionsanfallsalters wirksam werden kann”, so Johanna Dohnal (Fettdruck A.R). Die Erfüllung der Gleichstellung im Rahmen des 1992 beschlossenen Gesetzes über den „schrittweisen Abbau von bestehenden gesellschaftlichen, familiären und wirtschaftlichen Benachteiligungen von Frauen“ war 1992 Bedingung für die Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters der Frauen ab 2024 (Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 837/1992 Bundesgesetz über Berichte der Bundesregierung betreffend der Maßnahmen zum Abbau von Benachteilungen für Frauen). Eine zweijährige Berichtspflicht über den erfolgten Abbau wurde festgelegt.
Dem vorausgegangen war ein Verfassungsgerichtshofs (VfGH)-Erkenntnis, das 1991 die damals geltenden geschlechtsspezifischen Regelungen zum Pensionsantrittsalter von Frauen und Männern außer Kraft gesetzt hatte. Das hatte heftige Kritik und Ablehnung bei der großen Mehrheit der Frauen hervorgerufen. Denn die vom VfGH festgestellte Gleichheitswidrigkeit war unter völliger Ausblendung der realen Ungleichheiten zwischen denn Geschlechtern erfolgt.
Lohn- und Gehaltsunterschiede – schlimmer ist’s nur in Estland
Bis heute ist die faktische Gleichstellung also der „Abbau von Benachteiligungen für Frauen“ – gesellschaftlich, familiär und wirtschaftlich – keineswegs Realität. Die Einkommensschere klafft weit auseinander. Erwerbsquoten von Frauen und Männern unterscheiden sich in allen Altersgruppen – beim aktuellen Gender Pay Gap liegt Österreich an vorletzter Stelle in der EU. Die Lohn- und Gehaltsunterschiede zwischen Mann und Frau liegen bei uns bei 22,4 Prozent. Der EU-Durchschnitt – immer noch schlimm genug - liegt bei 16,1 Prozent. Nur in Estland klafft die Lohnschere zwischen den Geschlechtern weiter auseinander als in Österreich.
Rechnet man Teilzeit- und atypisch Beschäftigte dazu, betragen die Gehaltsunterschiede in Österreich sogar 40 Prozent. Viele Ursachen der Einkommensschere finden keine sachliche Rechtfertigung. Sie basieren also auf Benachteiligungen – dieser unerklärbare Rest beträgt in Österreich 18,9 Prozent, und ist im Vergleich zu EU-Ländern wie Schweden von rund 5 Prozent ungewöhnlich hoch.
“Fehlender Karriereschritt“? – ein Hohn
Der „Gender Gap“ erstreckt sich bis ins Pensionssystem. Die unzureichende Altersversorgung ist nicht dem angeblich letzten fehlenden Karriereschritt im hohen Alter geschuldet, wie die ÖVP versucht uns einzureden. Sie ist Ergebnis typischer - oft erzwungener - Frauenerwerbsverläufe. Die Einkommens- und Karriereentwicklung von Beginn des Berufslebnes an ist geprägt durch Familienarbeit verbunden mit Teilzeit, gläserner Decke und oft bewusst oder unbewusst eingeschränkten Berufswünschen. Im Ergebnis wirkt sich das negativ auf die Pensionshöhe aus. Durch Verschlechterungen im Pensionsrecht wie die Ausweitung des Bemessungszeitraums auf lebenslange Durchrechnung hat sich dieser Effekt verstärkt. Die große Diskrepanz bei der durchschnittlichen Pensionshöhe von Frauen im Vergleich zu Männern wird durch eine Angleichung des gesetzlichen Antrittsalters nicht ausgeglichen werden, im Gegenteil.
Die Arbeitsmarktrealität – die schlechten Erwerbschancen für Frauen der Generation 50+ und die Tatsache, dass die Chancen der Wiedereingliederung nach Jobverlust oder Erwerbsunterbrechung durch Familienarbeit sinken - bewirken, dass Frauen oft ab Mitte 40 auf ein berufliches Abstellgleis gestellt werden. Umfassende arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind erforderlich, damit die Erwerbsintegration von Frauen verwirklicht werden kann. Investitionen in kollektivvertraglich bezahlte Arbeitsplätze in Bildung, Daseinsvorsorge und Umweltschutz wären ein erster Schritt. Drastische Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich ein weiterer.
Der Übertritt in die Pension wird oft durch Arbeitslosigkeit initiiert. Eine Angleichung des Antrittsalters würde nach derzeitiger Arbeitsmarktlage in vielen Fällen nur eine Transferverlagerung von der Pensions- zur Arbeitslosenversicherung auslösen, die verbunden ist mit geringerem Einkommen und die zu steigender Langzeitarbeitslosigkeit führen würde. Ausnahmen wie die derzeitige Schwerarbeiterregelung und Korridorpension im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz ASVG können von Frauen nicht in Anspruch genommen werden.
Der Trick mit der Lebenserwartung
Die Lebenserwartung von Frauen in Österreich beträgt 83,7, die der Männer 78,9 Jahre. So der Stand 2014 nach Statistik Austria. Wenn das Pensionsantrittsalter an die Lebenserwartung angepasst würde, bedeutet das, dass Frauen 4,8 Jahre später in Pension gehen dürften als Männer. Mit diesem Argumentationstrick soll die von Dohnal gewünschte Koppelung des Pensionsantrittsalters an die vollständige Gleichstellung – entsprechend dem Gleichbehandlungspaket - ausgehebelt werden.
Es gilt auch heute noch, die Benachteiligungen für Frauen während des Erwerbslebens auszugleichen, statt sie durch eine vorgezogene Angleichung des Pensionsalters noch zu verstärken. Die Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen bei gleichzeitiger Vorenthaltung der tatsächlichen Gleichstellung ist ein frauenpolitischer Vertragsbruch. Die Angleichung des Pensionsantrittsalters der Frauen an das der Männer muss bis zur tatsächlichen Gleichstellung ausgesetzt werden.
Auf der ÖVP-Webseite zum Thema Pensionen finden wir dieses bedrohliche Statement: „Auch über Frauenpensionen diskutieren. Zum Thema Sicherung der Pensionen gehört auch eine vernünftige Diskussion über das Frauenpensionsalter. Klar ist, dass das frühere gesetzliche Antrittsalter für viele Frauen eine Karrierebremse bedeutet, weil oft der letzte Karriereschritt im Hinblick auf die baldige Pensionierung nicht vollzogen wird – das zeigt auch das Pensionskonto. Gleichstellung ist Chance und nicht Bedrohung.“ „Gleichstellung“, das klingt auf den ersten Blick sehr frauenfreundlich. Doch die Gründe für niedrige Pensionen von Frauen sind ganz andere – wie jede/r gelernte Österreicher/in weiß.
Gleichbehandlungspaket umsetzen!
Wir wollen eine vernünftige Diskussion, eine, die auf Fakten beruht: 1991 schnürte Frauenministerin Johanna Dohnal gemeinsam mit Frauen des ÖGB, der AK und aller im Parlament vertretenen Parteien, mit Ausnahme der FPÖ, ein „Gleichbehandlungspaket“. Es sollte die Schlechterstellung und Diskriminierung von Frauen in gesellschaftlicher, familiärer und ökonomischer Hinsicht abbauen. Die Maßnahmen waren „als Gesamtschau der aus Frauensicht notwendigen Mindestvoraussetzungen zu sehen, die realisiert oder eingeleitet werden müssen, bevor schrittweise eine Angleichung des Pensionsanfallsalters wirksam werden kann”, so Johanna Dohnal (Fettdruck A.R). Die Erfüllung der Gleichstellung im Rahmen des 1992 beschlossenen Gesetzes über den „schrittweisen Abbau von bestehenden gesellschaftlichen, familiären und wirtschaftlichen Benachteiligungen von Frauen“ war 1992 Bedingung für die Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters der Frauen ab 2024 (Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 837/1992 Bundesgesetz über Berichte der Bundesregierung betreffend der Maßnahmen zum Abbau von Benachteilungen für Frauen). Eine zweijährige Berichtspflicht über den erfolgten Abbau wurde festgelegt.
Dem vorausgegangen war ein Verfassungsgerichtshofs (VfGH)-Erkenntnis, das 1991 die damals geltenden geschlechtsspezifischen Regelungen zum Pensionsantrittsalter von Frauen und Männern außer Kraft gesetzt hatte. Das hatte heftige Kritik und Ablehnung bei der großen Mehrheit der Frauen hervorgerufen. Denn die vom VfGH festgestellte Gleichheitswidrigkeit war unter völliger Ausblendung der realen Ungleichheiten zwischen denn Geschlechtern erfolgt.
Lohn- und Gehaltsunterschiede – schlimmer ist’s nur in Estland
Bis heute ist die faktische Gleichstellung also der „Abbau von Benachteiligungen für Frauen“ – gesellschaftlich, familiär und wirtschaftlich – keineswegs Realität. Die Einkommensschere klafft weit auseinander. Erwerbsquoten von Frauen und Männern unterscheiden sich in allen Altersgruppen – beim aktuellen Gender Pay Gap liegt Österreich an vorletzter Stelle in der EU. Die Lohn- und Gehaltsunterschiede zwischen Mann und Frau liegen bei uns bei 22,4 Prozent. Der EU-Durchschnitt – immer noch schlimm genug - liegt bei 16,1 Prozent. Nur in Estland klafft die Lohnschere zwischen den Geschlechtern weiter auseinander als in Österreich.
Rechnet man Teilzeit- und atypisch Beschäftigte dazu, betragen die Gehaltsunterschiede in Österreich sogar 40 Prozent. Viele Ursachen der Einkommensschere finden keine sachliche Rechtfertigung. Sie basieren also auf Benachteiligungen – dieser unerklärbare Rest beträgt in Österreich 18,9 Prozent, und ist im Vergleich zu EU-Ländern wie Schweden von rund 5 Prozent ungewöhnlich hoch.
“Fehlender Karriereschritt“? – ein Hohn
Der „Gender Gap“ erstreckt sich bis ins Pensionssystem. Die unzureichende Altersversorgung ist nicht dem angeblich letzten fehlenden Karriereschritt im hohen Alter geschuldet, wie die ÖVP versucht uns einzureden. Sie ist Ergebnis typischer - oft erzwungener - Frauenerwerbsverläufe. Die Einkommens- und Karriereentwicklung von Beginn des Berufslebnes an ist geprägt durch Familienarbeit verbunden mit Teilzeit, gläserner Decke und oft bewusst oder unbewusst eingeschränkten Berufswünschen. Im Ergebnis wirkt sich das negativ auf die Pensionshöhe aus. Durch Verschlechterungen im Pensionsrecht wie die Ausweitung des Bemessungszeitraums auf lebenslange Durchrechnung hat sich dieser Effekt verstärkt. Die große Diskrepanz bei der durchschnittlichen Pensionshöhe von Frauen im Vergleich zu Männern wird durch eine Angleichung des gesetzlichen Antrittsalters nicht ausgeglichen werden, im Gegenteil.
Die Arbeitsmarktrealität – die schlechten Erwerbschancen für Frauen der Generation 50+ und die Tatsache, dass die Chancen der Wiedereingliederung nach Jobverlust oder Erwerbsunterbrechung durch Familienarbeit sinken - bewirken, dass Frauen oft ab Mitte 40 auf ein berufliches Abstellgleis gestellt werden. Umfassende arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind erforderlich, damit die Erwerbsintegration von Frauen verwirklicht werden kann. Investitionen in kollektivvertraglich bezahlte Arbeitsplätze in Bildung, Daseinsvorsorge und Umweltschutz wären ein erster Schritt. Drastische Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich ein weiterer.
Der Übertritt in die Pension wird oft durch Arbeitslosigkeit initiiert. Eine Angleichung des Antrittsalters würde nach derzeitiger Arbeitsmarktlage in vielen Fällen nur eine Transferverlagerung von der Pensions- zur Arbeitslosenversicherung auslösen, die verbunden ist mit geringerem Einkommen und die zu steigender Langzeitarbeitslosigkeit führen würde. Ausnahmen wie die derzeitige Schwerarbeiterregelung und Korridorpension im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz ASVG können von Frauen nicht in Anspruch genommen werden.
Der Trick mit der Lebenserwartung
Die Lebenserwartung von Frauen in Österreich beträgt 83,7, die der Männer 78,9 Jahre. So der Stand 2014 nach Statistik Austria. Wenn das Pensionsantrittsalter an die Lebenserwartung angepasst würde, bedeutet das, dass Frauen 4,8 Jahre später in Pension gehen dürften als Männer. Mit diesem Argumentationstrick soll die von Dohnal gewünschte Koppelung des Pensionsantrittsalters an die vollständige Gleichstellung – entsprechend dem Gleichbehandlungspaket - ausgehebelt werden.
Es gilt auch heute noch, die Benachteiligungen für Frauen während des Erwerbslebens auszugleichen, statt sie durch eine vorgezogene Angleichung des Pensionsalters noch zu verstärken. Die Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen bei gleichzeitiger Vorenthaltung der tatsächlichen Gleichstellung ist ein frauenpolitischer Vertragsbruch. Die Angleichung des Pensionsantrittsalters der Frauen an das der Männer muss bis zur tatsächlichen Gleichstellung ausgesetzt werden.