Für soziale Sicherheit, gegen Sozialabbau und Klassenmedizin
- Sonntag, 20. November 2016 @ 16:40
Unter dem Druck massiver Unzufriedenheit und der wenig überraschenden Niederlage der Kandidaten der Regierungsparteien zur Bundespräsidentenwahl ist es zu einem Wechsel an der Spitze der Regierung und zum Umbau der SPÖ-Regierungsmannschaft gekommen. Die bisherigen Handlungen des neuen Regierungschefs wie Senkung der Bankenabgabe und punktuelle Ersetzung von Lohnnebenkosten durch Steuergelder lassen erkennen, dass er bereit ist, den Wünschen der "Wirtschaft" und des ÖVP-Koalitionspartners weit entgegen zu kommen, was die sozialen Anliegen und Interessen der Menschen hintanstellt. Auch seine Stellungnahmen wie Senkung der Lohnnebenkosten, Wertschöpfungsabgabe, die die VOEST begünstigt oder ÖKO-Steuern mit Sonderregeln für die Schwerindustrie gehen in diese Richtung. Darüber hinaus macht sich der Finanzminister weiterhin für eine Pensions"reform" stark, was nur als Drohung für neuerliche Verschlechterungen im Pensionsrecht verstanden werden kann.
Der Zentralverband der Pensionistinnen und Pensionisten Österreichs (ZVPÖ) wurde 1924 als überparteiliche Organisation für die Vertretung der älteren Generation zur Sicherung der Altersvorsorge gegründet. Er ist damit die älteste Seniorenvertretung in unserem Land.
In den vergangenen Jahren unter der schwarz-blauen und jetzigen rot-schwarzen Koalitionsregierung standen neben der Verbreiterung des Organisationsnetzes und einer Ausweitung der Veranstaltungs- und Beratungstätigkeit vor allem der Kampf gegen Sozialabbau, gegen Umverteilung von unten nach oben und für soziale Gerechtigkeit im Vordergrund. Diese Grundhaltung bestimmt auch das Auftreten des ZVPÖ im Rahmen des Österreichischen Seniorenrates auf der Basis unserer Einschätzung der sozial-politischen und wirtschaftlichen Situation.
In unserem Land leben derzeit etwa 2,4 Millionen Menschen mit einer Pension aus dem ASVG. Es ist klar, dass die Summe der Einkommen dieser Menschen sowie die Art und Weise ihrer Finanzierung eng mit der gesamten wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklung in Österreich zusammenhängen. Die Pensionen auf der Grundlage des ASVG sind eine der größten sozialen Errungenschaften, die die arbeitenden Menschen in Österreich gestützt auf die organisierte Arbeiterbewegung und die Gewerkschaften nach dem zweiten Weltkrieg erreicht haben. Seit den 80er Jahren geht relativ gesehen ein stetiger Rückgang der Pensionsleistungen vor sich, zu dem alle Regierungen seither, in welcher Zusammensetzung auch immer, beigetragen haben. Die Pensionen haben seither um bis zu zwanzig Prozent an Kaufkraft verloren. Ein weiteres Schrumpfen der Einkommen zukünftiger PensionIstInnen ist durch die „Reformen“ der letzten Jahre vorprogrammiert. Altersarmut droht in naher Zukunft zu einer Massenerscheinung zu werden.
Die Finanz-und Wirtschaftkrisen der letzten Jahre, aber auch die in ihrem Gefolge im Rahmen der EU durchgesetzte Wirtschafts- und Finanzpolitik haben die öffentlichen Haushalte und die sozialen Sicherungssysteme stark unter Druck gesetzt. Auch die österreichische Regierung sieht es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an, die „Pensionslasten“ zugunsten der Budgetvorgaben der EU zu reduzieren. Seit Jahren wollen uns Politiker und Politikerinnen, Unternehmensvertretungen, Medien und sogenannte Experten unter Berufung auf gestiegene Lebenserwartung und geringere Geburtenraten einreden, dass künftige Pensionen nach dem jahrzehntelang bewährten Umlageverfahren nicht mehr finanzierbar seien. Es gibt sogar eine Partei im Parlament, die das Pensionssystem als „schrottreif“ bezeichnet. Demzufolge müssten das gesetzliche Pensionsalter angehoben und die Pensionen gekürzt werden, um den Staatszuschuss zu reduzieren. Die Wahrheit ist, dass unsere Pensionen sicher sind, denn der Zuschuss des Staates für alle Pensionen – inklusive der Beamten - beträgt derzeit 6,3% des Bruttoinlandsprodukts und wird auch in den nächsten Jahrzehnten bis 2060 nicht wesentlich steigen, wenn eine aktive Arbeitsmarktpolitik mit dem Ziel Vollbeschäftigung betrieben wird. Der Bundeszuschuss zu den ASVG-Pensionen ist ein Teil der Pensionsfinanzierung seit der Gründung des ASVG. Die dort vorgesehene Ausfallshaftung des Bundes bis zu einem Drittel der Pensionsaufwendungen im ASVG ist aber bis heute nicht schlagend geworden. Die Finanzen des Bundes sind durch das ASVG nur gering belastet, da die ArbeiterInnen und Angestellten ihre Pensionen zu 85% durch das Umlageverfahren selbst finanzieren.
Wie das ganze System der sozialen Sicherheit ist der Bundeszuschuß zu den Pensionen Bestandteiil eines zunehmend härteren Verteilungskampfes geworden. Es geht nicht darum, dass kein Geld für die Finanzierung sozialer Sicherheit vorhanden wäre, es geht darum, dass ein immer größerer Teil des gesellschaftlichen Reichtums in der Hand einer verschwindend kleinen Minderheit konzentriert wird und deshalb den öffentlichen Haushalten vorenthalten und entzogen wird. Die Schere zwischen Reich und Arm, von der auch ein großer Teil der PensionistInnen betroffen ist, geht auch in Österreich immer mehr auf. Die offizielle Politik steuert nicht dagegen, sondern agiert als Beschleuniger dieser Entwicklung.
Dazu zählen die Bestrebungen, die Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmen zu senken, statt auf der Basis einer Wertschöpfungsabgabe die Produktivitäts- und Profitsteigerungen für die Finanzierung sozialer Sicherheit zu nutzen. Dazu zählt die über das Steuersystem organisierte Umverteilung nach oben, die bei den Masseneinkommen und bei den PensionistInnen nimmt, und den Konzernen, Banken und Finanzzockern gibt. Zudem hört man immer öfter das „Argument“, die öffentlichen Ausgaben müssten von „vergangenheitsbezogenen“ (Pensionen) auf „zukunftsträchtige“ (Bildung) Ausgaben umgeschichtet werden.
Der Zynismus der hinter dieser Forderung steckt ist ungeheuerlich. 2,4 Millionen PensionistInnen sind Menschen, die ein Recht auf Teilhabe wie alle anderen Menschen an der Gesellschaft hier und heute haben. Nicht weniger zynisch ist die Behauptung, die Sicherheit der Pensionsfinanzierung gehe ausschließlich zu Lasten der jüngeren Generationen. Wahr ist viel mehr, dass jede Verschlechterung im Pensionsrecht gerade die jüngere Generation trifft.
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: die privaten Pensionsversicherten haben in der Wirtschafts- und Finanzkrise am meisten verloren, weil sie unmittelbar den instabilen Finanzmärkten ausgesetzt sind. Profitiert haben nur die Banken und Versicherungen, die ihr Scherflein ins Trockene gebracht haben. Auf diese Art und Weise wurden von den Versicherungen Millionen an Steuergeldern verzockt. Gegen alle neoliberalen Widerstände kämpft daher der ZVPÖ für die Aufrechterhaltung des bewährten Umlagesystems, für die Sicherung der Finanzierung des Sozialsystems und der budgetären Mittel und damit für ein gutes Auskommen und Leben der älteren Generation.
Forderungen zum Pensionssystem
Ein wesentlicher Bestandteil der Altersvorsorge in Österreich ist die Umlage-finanzierung, der ein solidarischer Generationenvertrag zur Mittelaufbringung zugrunde liegt. Die Umlagefinanzierung der Pensionen soll in der Verfassung verankert werden, worin auch die nachhaltige Wertsicherung der jährlichen Pensionsanpassung berücksichtigt werden muss.
* Für die Finanzierung des gesamten Sozialbereichs ist es notwendig, dass die Unternehmensbeiträge nicht wie bisher nur an der Höhe der Löhne und Gehälter bemessen werden, sondern, dass die gesamte Wertschöpfung abgabepflichtig ist. Mit der Einführung der Wertschöpfungsabgabe kann sofort allen Spekulationen über die zukünftige Sicherung unserer Sozialsystems und damit auch der Pensionen ein Ende bereitet werden.
* Wir sind entschieden gegen jegliche staatliche Prämie zur Förderung privater Altersvorsorge, da diese nur in die Taschen der Versicherungen und des Finanzkapitals fließt.
* Wir lehnen generell jede Hinaufsetzung des Regelpensionsalters und damit eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit ab. Vor allem betrifft das die Diskussion um das Frauenpensionsalter, welches derzeit ab 2024 in zehn Halbjahresschritten an jenes der Männer angeglichen werden soll. In diesem Zusammenhang verlangen wir Schluss mit der Diskriminierung der Frauen am Arbeitsplatz sowie gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Um das Hinausdrängen älterer Menschen vom Arbeitsprozess zu verhindern, verlangen wir die Ausweitung des Kündigungsschutzes für ältere Arbeitnehmer sowie die Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze mit einem wirksamen Malus-System für Unternehmen, die ältere Menschen auf die Straße setzen.
* Die Einführung einer echten Mindestpension, die klar über der Armutsgrenze liegt, ist ein wichtiger Beitrag zur Minderung von Altersarmut.
* Wir lehnen jede Form der Pensionsautomatik, bei der ausschließlich Computer und Statistiker unser Leben bestimmen und sich die Politik jeder Verantwortung entzieht, entschieden ab.
* Die erstmalige Anpassung von Neupensionen erfolgt derzeit erst ab 1.Jänner des dem Beginn des Anspruchs auf Pension zweitfolgenden Kalenderjahres. Wir verlangen eine Aliquotierung bereits im ersten Jahr.
* Der Familienrichtsatz bei der Ausgleichszulage bei dem das Einkommen von Mann und Frau zusammengerechnet wird, ist ersatzlos zu streichen. Es soll einen einheitlichen Richtsatz von Euro 1000,- (derzeit nur ab 30 Versicherungsjahren) geben.
* Die jährliche Anpassung der Pensionen entsprechend der amtlichen Inflationsrate entspricht nicht der tatsächlichen Belastung. Wir verlangen als Grundlage für künftige Anpassungen einen überarbeiteten und den tatsächlichen Realitäten entsprechenden Pensionisten-Preisindex.
* Rund 230.000 Ausgleichszulagenbezieherinnen und -bezieher gingen bei der Steuerreform leer aus. Sie haben keine Möglichkeit, eine Steuergutschrift geltend zu machen (Negativsteuer). Diese Diskriminierung ist unverzüglich abzustellen, auch in Verbindung mit der Höhe der Ausgleichszulage.
* Beim Pensionskonto beträgt die jährliche Gutschrift 1,75 % des Jahreseinkommens und hat besonders für Menschen mit geringem Einkommen (Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigung, Arbeitslosigkeit) katastrophale Auswirkungen, da nur kleine Beträge am Konto gutgeschrieben werden. Wir fordern daher, daß analog zur Einkommenssteuer die Progression in umgekehrtem Sinn für die Kontogutschrift angewendet wird, das heißt bei geringem Jahreseinkommen steigt der Prozentsatz der Gutschrift.
Forderungen zum Gesundheitswesen
Die im Rahmen der Gesundheitsreform 2013 festgeschriebene Kostenbremse führt zu Leistungseinschränkungen vor allem in den Spitalsambulanzen. Außerdem haben 2015 die Bestimmungen zum Ärztezeitgesetz dazu geführt, dass vermehrt Ärztinnen und Ärzte für den laufenden Betrieb in den Spitälern benötigt werden. Gleichzeitig fehlen diese jedoch bei der Umsetzung der Reformpläne medizinischer Leistungen von Spitalsambulanzen in den niedergelassenen Bereich auszulagern. Alle diese Entwicklungen belasten auch Pensionistinnen und Pensionisten durch längere Wartezeiten bei vorgeschriebenen Routinekontrollen aber auch bei notwendigen operativen Eingriffen. Gleichzeitig machen viele die Erfahrung, dass die Behandlung von Personen mit Geldvermögen oder teuer bezahlten Zusatzkrankenversicherungen enorm beschleunigt durchgeführt werden können. Diese Benachteiligung trifft alle Menschen mit geringeren finanziellen Möglichkeiten. Der ZVPÖ kämpft seit Jahren gemeinsam mit allen Benachteiligten dafür, daß dieses Unrecht der Mehrklassenmedizin innerhalb der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen rechtlich geahndet wird.
* Wir fordern zudem, daß die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten in Österreich forciert wird und Bedingungen geschaffen werden, die dem Abwandern von in Österreich ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten ins Ausland entgegenwirkt. Eine weitere Adaptierung an den Arbeitszeitmodellen und dem Bezahlungsgerüst kann die Arbeitsmigration von Ärztinnen und Ärzten ins Ausland stoppen.
* Die politischen Entscheidungsträger haben die Verpflichtung, die wohnortnahe primäre Gesundheitsversorgung zu erhalten und gegebenenfalls weiter auszubauen. In diesem Zusammenhang fordert der ZVPÖ, dass sämtliche Vertragspartner der öffentlichen Krankenkassen, die eine allgemeinmedizinische Ordination im ländlichen Raum führen, das Recht erhalten, eine Hausapotheke zu betreiben.
* Wir fordern die generelle Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Medikamente und Heilbehelfe.
* Für den Fall, daß der Betrieb von Primary Health Care - Centern (Gruppenpraxen) zu einer Verlängerung der Anfahrtszeiten bzw. -wege führt, fordern wir die Kostenübernahme für den Patiententransport.
* Stationäre Pflegeeinrichtungen sind oftmals das letzte Zuhause hochbetagter Menschen. Gerade diese Pflegeeinrichtungen werden zunehmend den Profitinteressen privater Pflegeheimbetreiber ausgeliefert. Aber auch in öffentlichen Pflegeeinrichtungen bezahlen die Heimbewohnerinnen und -bewohner die betriebswirtschaftlichen Interessen der Betreiber mit einer Einschränkung ihrer Lebensqualität durch Reduktion der Pflege- und Betreuungsqualität, die mittels Sparen beim Personal verursacht wird. Der ZVPÖ tritt gemeinsam mit vielen Interessensvertretungen dafür ein, die gewinnorientierten Anbieter in gemeinnützige oder öffentliche Einrichtungen umzuwandeln. Künftig sollen nur mehr gemeinnützige oder öffentliche Anbieter stationäre Pflegeleistungen erbringen dürfen, wie dies auch in der mobilen Pflege der Fall ist. Wir fordern die Einfügung einer Gemeinnützig- keitsverpflichtung für freie Träger in die jeweiligen Landespflegeheimgesetze sowie die Festschreibung regelmäßiger Qualtitätskontrollen durch externe qualifizierte Prüfungspersonen. Bewilligungen sind auf solche Heime zu beschränken, welche den gesetzlichen Standards betreffend Ausstattung, Pflegeschlüssel und Personal entsprechen.
* Beim Pflegegeld verlangen wir eine Anhebung, welche der Teuerung der vergangenen Jahre wirklich Rechnung trägt und der Kaufkraft von 1993 (Einführung des Pflegegeldes) entspricht. Das Pflegegeld muss den Betroffenen zur uneingeschränkten Verwendung zur Verfügung stehen, die Einführung von Sachleistungen lehnen wir ab. Bei der Zuerkennung des Pflegebedarfs muß auf die ursprüngliche Stundenzahl zur Erreichung der Stufen 1 und 2 zurückgegangen werden.
* Die Inanspruchnahme einer 24-Stunden-Pflege ist für Pensionistinnen und Pensionisten mit Ausgleichszulage nicht zu bewältigen. Die Beihilfe von 550,-Euro ist nicht ausreichend. Sie muß sozial gestaffelt sein, so daß sich Menschen mit einer kleinen Pension ebenfalls eine 24-Stunden-Betreuung leisten können.
* Wir fordern einen Rechtsanspruch von Pensionistinnen und Pensionisten auf Kur- und Rehabilitationsaufenthalte als „Teil der Wiederherstellung bzw. des Erhalts einer selbständigen Lebensführung“.
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Der Zentralverband der Pensionistinnen und Pensionisten Österreichs (ZVPÖ) wurde 1924 als überparteiliche Organisation für die Vertretung der älteren Generation zur Sicherung der Altersvorsorge gegründet. Er ist damit die älteste Seniorenvertretung in unserem Land.
In den vergangenen Jahren unter der schwarz-blauen und jetzigen rot-schwarzen Koalitionsregierung standen neben der Verbreiterung des Organisationsnetzes und einer Ausweitung der Veranstaltungs- und Beratungstätigkeit vor allem der Kampf gegen Sozialabbau, gegen Umverteilung von unten nach oben und für soziale Gerechtigkeit im Vordergrund. Diese Grundhaltung bestimmt auch das Auftreten des ZVPÖ im Rahmen des Österreichischen Seniorenrates auf der Basis unserer Einschätzung der sozial-politischen und wirtschaftlichen Situation.
In unserem Land leben derzeit etwa 2,4 Millionen Menschen mit einer Pension aus dem ASVG. Es ist klar, dass die Summe der Einkommen dieser Menschen sowie die Art und Weise ihrer Finanzierung eng mit der gesamten wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklung in Österreich zusammenhängen. Die Pensionen auf der Grundlage des ASVG sind eine der größten sozialen Errungenschaften, die die arbeitenden Menschen in Österreich gestützt auf die organisierte Arbeiterbewegung und die Gewerkschaften nach dem zweiten Weltkrieg erreicht haben. Seit den 80er Jahren geht relativ gesehen ein stetiger Rückgang der Pensionsleistungen vor sich, zu dem alle Regierungen seither, in welcher Zusammensetzung auch immer, beigetragen haben. Die Pensionen haben seither um bis zu zwanzig Prozent an Kaufkraft verloren. Ein weiteres Schrumpfen der Einkommen zukünftiger PensionIstInnen ist durch die „Reformen“ der letzten Jahre vorprogrammiert. Altersarmut droht in naher Zukunft zu einer Massenerscheinung zu werden.
Die Finanz-und Wirtschaftkrisen der letzten Jahre, aber auch die in ihrem Gefolge im Rahmen der EU durchgesetzte Wirtschafts- und Finanzpolitik haben die öffentlichen Haushalte und die sozialen Sicherungssysteme stark unter Druck gesetzt. Auch die österreichische Regierung sieht es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an, die „Pensionslasten“ zugunsten der Budgetvorgaben der EU zu reduzieren. Seit Jahren wollen uns Politiker und Politikerinnen, Unternehmensvertretungen, Medien und sogenannte Experten unter Berufung auf gestiegene Lebenserwartung und geringere Geburtenraten einreden, dass künftige Pensionen nach dem jahrzehntelang bewährten Umlageverfahren nicht mehr finanzierbar seien. Es gibt sogar eine Partei im Parlament, die das Pensionssystem als „schrottreif“ bezeichnet. Demzufolge müssten das gesetzliche Pensionsalter angehoben und die Pensionen gekürzt werden, um den Staatszuschuss zu reduzieren. Die Wahrheit ist, dass unsere Pensionen sicher sind, denn der Zuschuss des Staates für alle Pensionen – inklusive der Beamten - beträgt derzeit 6,3% des Bruttoinlandsprodukts und wird auch in den nächsten Jahrzehnten bis 2060 nicht wesentlich steigen, wenn eine aktive Arbeitsmarktpolitik mit dem Ziel Vollbeschäftigung betrieben wird. Der Bundeszuschuss zu den ASVG-Pensionen ist ein Teil der Pensionsfinanzierung seit der Gründung des ASVG. Die dort vorgesehene Ausfallshaftung des Bundes bis zu einem Drittel der Pensionsaufwendungen im ASVG ist aber bis heute nicht schlagend geworden. Die Finanzen des Bundes sind durch das ASVG nur gering belastet, da die ArbeiterInnen und Angestellten ihre Pensionen zu 85% durch das Umlageverfahren selbst finanzieren.
Wie das ganze System der sozialen Sicherheit ist der Bundeszuschuß zu den Pensionen Bestandteiil eines zunehmend härteren Verteilungskampfes geworden. Es geht nicht darum, dass kein Geld für die Finanzierung sozialer Sicherheit vorhanden wäre, es geht darum, dass ein immer größerer Teil des gesellschaftlichen Reichtums in der Hand einer verschwindend kleinen Minderheit konzentriert wird und deshalb den öffentlichen Haushalten vorenthalten und entzogen wird. Die Schere zwischen Reich und Arm, von der auch ein großer Teil der PensionistInnen betroffen ist, geht auch in Österreich immer mehr auf. Die offizielle Politik steuert nicht dagegen, sondern agiert als Beschleuniger dieser Entwicklung.
Dazu zählen die Bestrebungen, die Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmen zu senken, statt auf der Basis einer Wertschöpfungsabgabe die Produktivitäts- und Profitsteigerungen für die Finanzierung sozialer Sicherheit zu nutzen. Dazu zählt die über das Steuersystem organisierte Umverteilung nach oben, die bei den Masseneinkommen und bei den PensionistInnen nimmt, und den Konzernen, Banken und Finanzzockern gibt. Zudem hört man immer öfter das „Argument“, die öffentlichen Ausgaben müssten von „vergangenheitsbezogenen“ (Pensionen) auf „zukunftsträchtige“ (Bildung) Ausgaben umgeschichtet werden.
Der Zynismus der hinter dieser Forderung steckt ist ungeheuerlich. 2,4 Millionen PensionistInnen sind Menschen, die ein Recht auf Teilhabe wie alle anderen Menschen an der Gesellschaft hier und heute haben. Nicht weniger zynisch ist die Behauptung, die Sicherheit der Pensionsfinanzierung gehe ausschließlich zu Lasten der jüngeren Generationen. Wahr ist viel mehr, dass jede Verschlechterung im Pensionsrecht gerade die jüngere Generation trifft.
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: die privaten Pensionsversicherten haben in der Wirtschafts- und Finanzkrise am meisten verloren, weil sie unmittelbar den instabilen Finanzmärkten ausgesetzt sind. Profitiert haben nur die Banken und Versicherungen, die ihr Scherflein ins Trockene gebracht haben. Auf diese Art und Weise wurden von den Versicherungen Millionen an Steuergeldern verzockt. Gegen alle neoliberalen Widerstände kämpft daher der ZVPÖ für die Aufrechterhaltung des bewährten Umlagesystems, für die Sicherung der Finanzierung des Sozialsystems und der budgetären Mittel und damit für ein gutes Auskommen und Leben der älteren Generation.
Forderungen zum Pensionssystem
Ein wesentlicher Bestandteil der Altersvorsorge in Österreich ist die Umlage-finanzierung, der ein solidarischer Generationenvertrag zur Mittelaufbringung zugrunde liegt. Die Umlagefinanzierung der Pensionen soll in der Verfassung verankert werden, worin auch die nachhaltige Wertsicherung der jährlichen Pensionsanpassung berücksichtigt werden muss.
* Für die Finanzierung des gesamten Sozialbereichs ist es notwendig, dass die Unternehmensbeiträge nicht wie bisher nur an der Höhe der Löhne und Gehälter bemessen werden, sondern, dass die gesamte Wertschöpfung abgabepflichtig ist. Mit der Einführung der Wertschöpfungsabgabe kann sofort allen Spekulationen über die zukünftige Sicherung unserer Sozialsystems und damit auch der Pensionen ein Ende bereitet werden.
* Wir sind entschieden gegen jegliche staatliche Prämie zur Förderung privater Altersvorsorge, da diese nur in die Taschen der Versicherungen und des Finanzkapitals fließt.
* Wir lehnen generell jede Hinaufsetzung des Regelpensionsalters und damit eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit ab. Vor allem betrifft das die Diskussion um das Frauenpensionsalter, welches derzeit ab 2024 in zehn Halbjahresschritten an jenes der Männer angeglichen werden soll. In diesem Zusammenhang verlangen wir Schluss mit der Diskriminierung der Frauen am Arbeitsplatz sowie gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Um das Hinausdrängen älterer Menschen vom Arbeitsprozess zu verhindern, verlangen wir die Ausweitung des Kündigungsschutzes für ältere Arbeitnehmer sowie die Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze mit einem wirksamen Malus-System für Unternehmen, die ältere Menschen auf die Straße setzen.
* Die Einführung einer echten Mindestpension, die klar über der Armutsgrenze liegt, ist ein wichtiger Beitrag zur Minderung von Altersarmut.
* Wir lehnen jede Form der Pensionsautomatik, bei der ausschließlich Computer und Statistiker unser Leben bestimmen und sich die Politik jeder Verantwortung entzieht, entschieden ab.
* Die erstmalige Anpassung von Neupensionen erfolgt derzeit erst ab 1.Jänner des dem Beginn des Anspruchs auf Pension zweitfolgenden Kalenderjahres. Wir verlangen eine Aliquotierung bereits im ersten Jahr.
* Der Familienrichtsatz bei der Ausgleichszulage bei dem das Einkommen von Mann und Frau zusammengerechnet wird, ist ersatzlos zu streichen. Es soll einen einheitlichen Richtsatz von Euro 1000,- (derzeit nur ab 30 Versicherungsjahren) geben.
* Die jährliche Anpassung der Pensionen entsprechend der amtlichen Inflationsrate entspricht nicht der tatsächlichen Belastung. Wir verlangen als Grundlage für künftige Anpassungen einen überarbeiteten und den tatsächlichen Realitäten entsprechenden Pensionisten-Preisindex.
* Rund 230.000 Ausgleichszulagenbezieherinnen und -bezieher gingen bei der Steuerreform leer aus. Sie haben keine Möglichkeit, eine Steuergutschrift geltend zu machen (Negativsteuer). Diese Diskriminierung ist unverzüglich abzustellen, auch in Verbindung mit der Höhe der Ausgleichszulage.
* Beim Pensionskonto beträgt die jährliche Gutschrift 1,75 % des Jahreseinkommens und hat besonders für Menschen mit geringem Einkommen (Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigung, Arbeitslosigkeit) katastrophale Auswirkungen, da nur kleine Beträge am Konto gutgeschrieben werden. Wir fordern daher, daß analog zur Einkommenssteuer die Progression in umgekehrtem Sinn für die Kontogutschrift angewendet wird, das heißt bei geringem Jahreseinkommen steigt der Prozentsatz der Gutschrift.
Forderungen zum Gesundheitswesen
Die im Rahmen der Gesundheitsreform 2013 festgeschriebene Kostenbremse führt zu Leistungseinschränkungen vor allem in den Spitalsambulanzen. Außerdem haben 2015 die Bestimmungen zum Ärztezeitgesetz dazu geführt, dass vermehrt Ärztinnen und Ärzte für den laufenden Betrieb in den Spitälern benötigt werden. Gleichzeitig fehlen diese jedoch bei der Umsetzung der Reformpläne medizinischer Leistungen von Spitalsambulanzen in den niedergelassenen Bereich auszulagern. Alle diese Entwicklungen belasten auch Pensionistinnen und Pensionisten durch längere Wartezeiten bei vorgeschriebenen Routinekontrollen aber auch bei notwendigen operativen Eingriffen. Gleichzeitig machen viele die Erfahrung, dass die Behandlung von Personen mit Geldvermögen oder teuer bezahlten Zusatzkrankenversicherungen enorm beschleunigt durchgeführt werden können. Diese Benachteiligung trifft alle Menschen mit geringeren finanziellen Möglichkeiten. Der ZVPÖ kämpft seit Jahren gemeinsam mit allen Benachteiligten dafür, daß dieses Unrecht der Mehrklassenmedizin innerhalb der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen rechtlich geahndet wird.
* Wir fordern zudem, daß die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten in Österreich forciert wird und Bedingungen geschaffen werden, die dem Abwandern von in Österreich ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten ins Ausland entgegenwirkt. Eine weitere Adaptierung an den Arbeitszeitmodellen und dem Bezahlungsgerüst kann die Arbeitsmigration von Ärztinnen und Ärzten ins Ausland stoppen.
* Die politischen Entscheidungsträger haben die Verpflichtung, die wohnortnahe primäre Gesundheitsversorgung zu erhalten und gegebenenfalls weiter auszubauen. In diesem Zusammenhang fordert der ZVPÖ, dass sämtliche Vertragspartner der öffentlichen Krankenkassen, die eine allgemeinmedizinische Ordination im ländlichen Raum führen, das Recht erhalten, eine Hausapotheke zu betreiben.
* Wir fordern die generelle Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Medikamente und Heilbehelfe.
* Für den Fall, daß der Betrieb von Primary Health Care - Centern (Gruppenpraxen) zu einer Verlängerung der Anfahrtszeiten bzw. -wege führt, fordern wir die Kostenübernahme für den Patiententransport.
* Stationäre Pflegeeinrichtungen sind oftmals das letzte Zuhause hochbetagter Menschen. Gerade diese Pflegeeinrichtungen werden zunehmend den Profitinteressen privater Pflegeheimbetreiber ausgeliefert. Aber auch in öffentlichen Pflegeeinrichtungen bezahlen die Heimbewohnerinnen und -bewohner die betriebswirtschaftlichen Interessen der Betreiber mit einer Einschränkung ihrer Lebensqualität durch Reduktion der Pflege- und Betreuungsqualität, die mittels Sparen beim Personal verursacht wird. Der ZVPÖ tritt gemeinsam mit vielen Interessensvertretungen dafür ein, die gewinnorientierten Anbieter in gemeinnützige oder öffentliche Einrichtungen umzuwandeln. Künftig sollen nur mehr gemeinnützige oder öffentliche Anbieter stationäre Pflegeleistungen erbringen dürfen, wie dies auch in der mobilen Pflege der Fall ist. Wir fordern die Einfügung einer Gemeinnützig- keitsverpflichtung für freie Träger in die jeweiligen Landespflegeheimgesetze sowie die Festschreibung regelmäßiger Qualtitätskontrollen durch externe qualifizierte Prüfungspersonen. Bewilligungen sind auf solche Heime zu beschränken, welche den gesetzlichen Standards betreffend Ausstattung, Pflegeschlüssel und Personal entsprechen.
* Beim Pflegegeld verlangen wir eine Anhebung, welche der Teuerung der vergangenen Jahre wirklich Rechnung trägt und der Kaufkraft von 1993 (Einführung des Pflegegeldes) entspricht. Das Pflegegeld muss den Betroffenen zur uneingeschränkten Verwendung zur Verfügung stehen, die Einführung von Sachleistungen lehnen wir ab. Bei der Zuerkennung des Pflegebedarfs muß auf die ursprüngliche Stundenzahl zur Erreichung der Stufen 1 und 2 zurückgegangen werden.
* Die Inanspruchnahme einer 24-Stunden-Pflege ist für Pensionistinnen und Pensionisten mit Ausgleichszulage nicht zu bewältigen. Die Beihilfe von 550,-Euro ist nicht ausreichend. Sie muß sozial gestaffelt sein, so daß sich Menschen mit einer kleinen Pension ebenfalls eine 24-Stunden-Betreuung leisten können.
* Wir fordern einen Rechtsanspruch von Pensionistinnen und Pensionisten auf Kur- und Rehabilitationsaufenthalte als „Teil der Wiederherstellung bzw. des Erhalts einer selbständigen Lebensführung“.
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