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35 Stunden Woche

  • Freitag, 20. März 2020 @ 13:03
Warum es sie in der Pflege braucht

Bereits seit November ziehen sich die Gehaltsverhandlungen für die Beschäftigten im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich. Im Mittelpunkt der Verhandlungen steht die Forderung nach Einführung einer 35 Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. 7 Verhandlungsrunden (mit mehr als 50 Verhandlungsstunden) sind bisher ohne Einigung geblieben. Die Gewerkschaft hat deshalb bis zum nächsten Verhandlungstermin am 26.03. weitere Protest und Streikaktionen angekündigt.

Die Arbeitsintensität in der Pflege ist hoch und wächst kontinuierlich. Obwohl es sich um körperliche und emotionale Schwerarbeit handelt, ist der Pflegeberuf im Vergleich zu anderen Berufsgruppen schlecht bezahlt. Durch Personalmangel mitverursacht arbeiten immer mehr Pflegekräfte über ihren Limits, sind müde und ausgebrannt. Steigende Burn-Out-Raten und eine im Vergleich zu anderen Branchen hohe Zahl an Krankenständen, zeugen davon.

Es steigt auch die Zahl jener, die sich nicht mehr in der Lage sehen ihren Beruf in Vollarbeitszeit weiter auszuüben und daher, um ihre eigene Gesundheit nicht zu gefährden, in die Teilzeit wechseln. Damit verringert sich neben ihrem Einkommen auch ihr späterer Pensionsanspruch. Damit setzen sie sich aber der Gefahr einer späteren Altersarmut aus. Dazu ein Beispiel: Eine für 25 Stunden beschäftigte mobile Pflegekraft (Heimhilfe) erhält monatlich etwa 1047 Euro netto, wobei sich deren Arbeitszeiten meist in Früh- und Abenddienste teilen und die dazwischenliegende Zeit nur bedingt als Freizeit genutzt und unbezahlt bleibt.

Dass „viele Pflegekräfte bereits im ersten Jahr aus dem Job wieder aussteigen, die meisten nach sieben oder acht Jahren“ und „drei Viertel aller Pflegekräfte nicht daran glauben, ihre Arbeit bis zur Pension durchstehen zu können.“ räumte erst kürzlich auch Ingrid Korosec vom ÖVP nahen Seniorenbundes ein, die verspricht, sich in der Task-Force Pflege der Bundesregierung für eine Verbesserung Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte einzusetzen, aber die geforderte Arbeitszeitverkürzung strikt ablehnt.

Eine Arbeitszeitverkürzung liegt nicht nur im Interesse jener, die weiterhin in Vollzeit arbeiten, sondern auch im Interesse der vielen Teilzeitkräfte, da sie bei gleichbleibender Stundenzahl ein deutliches Gehaltsplus von etwa 8,6% erhalten würden.

Unfinanzierbar?

Der Präsident der Industriellenvereinigung Georg Kapsch, bezeichnet die 35 Stundenwoche als „asozial“, Wirtschaftskammerpräsident Mahrer unterstellt „Jobvernichtung". Am anderen Ende der Palette der Gegenargumente stehen – ohne sie mit den ersten beiden in einen Topf zu werfen - jene gemeinnützigen Trägervereine, die zwar einer Arbeitszeitverkürzung nicht gänzlich ihre Berechtigung absprechen, aber sie aus Sicht der ihren Vereinen zur Verfügung stehender Budgetmittel als unfinanzierbar ablehnen.

Die Bundesregierung, die noch vor wenigen Wochen versprach, die Bewältigung der Herausforderungen des zukünftigen Pflegebedarfs in ihrem Fokus zu behalten, verhält sich auffallend still. Es wäre ihre Verpflichtung gemeinnützigen Vereinen, zur Verbesserung der Arbeitssituation der dort Beschäftigen, finanziell unter die Arme zu greifen.

Eine im Durchschnitt 5% Lohnerhöhung in der Sozialwirtschaft würde in Summe nicht mehr als 180 Mio Euro kosten, wurde in einem am 19.02.2019 in der Tageszeitung "Die Presse"-erschienenen Gastkommentar von Oliver Picek, Chefökonom einer sozialliberalen Denkfabrik des Momentum Instituts, vorgerechnet. Diese Mehrkosten entsprechen „einem Zweitausendstel unserer jährlichen Wirtschaftsleistung“ und 1/10 jener Summe, „die die Regierung für eine Steuersenkung für Unternehmen einzusetzen plant“.

Menschenwürdige Pflegearbeit bedarf menschenwürdiger Arbeitsbedingungen

Wer alters- und/oder gesundheitsbedingt Betreuung in einer Pflegeeinrichtung oder durch einen mobilen Pflegedienst benötigt, hat ein Anrecht darauf, dass diese Tätigkeit durch zufriedene und engagierte Mitarbeiter, die nicht ständig mit über ihrem Leistungslimit liegenden Aufgaben betraut sind, ausgeführt wird. Für solche Arbeitsbedingungen setzt sich der ZVPÖ mit Nachdruck ein.

Deshalb haben wir uns mit den Protest- und Streikaktionen der Beschäftigten und ihrer Betriebsräte von Beginn an solidarisiert. (Erklärung des ZVPÖ vom 20.02.2020) Wir hielten es im Unterschied zu Ingrid Korosec, für richtig, würde das der Österreichische Seniorenrat ebenfalls tun.