Brief an Minister Rauch
- Montag, 9. Mai 2022 @ 10:23
Sehr geehrter Herr Minister Rauch,
der Zentralverband der PensionistInnen Österreichs (ZVPÖ) hat in den letzten Jahren mehrere Versuche unternommen, im persönlichen Gespräch mit den Ministern Anschober und Mückstein auf die politischen Anliegen unseres Verbandes hinzuweisen.
Wir erlauben uns deshalb, unsere Hinweise, Anregungen und Forderungen ebenfalls an Sie als neuen Sozial- und Gesundheitsminister heranzutragen.
1. Für ein epidemiesicheres Österreich
Unklar für den ZVPÖ ist, welche Mittel für die Ausstattung der Gesundheitssysteme aus dem Wiederaufbaufonds, auch NextGenerationEU genannt, tatsächlich zielgerichtet für den Aufbau der Epidemie-Festigkeit zur Verfügung stehen, obwohl dies der eigentliche Anlass für die Finanzhilfe der EU war.
Der ZVPÖ fordert einen Epidemiefonds des Bundes, der die Kosten abdeckt, die anfallen um in den SeniorInnen- und Pflegeheimen jene Voraussetzungen zu schaffen, die es ermöglichen, eine Isolation der BewohnerInnen zu vermeiden. Dazu gehören ausreichende Vorräte an Schutzkleidungen, Masken, etc., sowie räumliche Adaptierungen und Vorkehrungen für Besuchsmöglichkeiten und vor allem eine entsprechende Zahl von Betreuungspersonen. Über den Fonds kann auch ein einheitlicher Standard für ganz Österreich durchgesetzt werden. Dies ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die letzte Pandemie. Unser Verband sieht einen Widerspruch darin, dass zwar zusätzliche Milliardenbeträge für Waffen und Militärpersonal bereitgestellt werden, das österreichische Gesundheitswesen aber nicht epidemiefest gemacht wurde und wird, und wir auf die versprochene Pflegemilliarde warten müssen.
2. Eine Reform der Pflege mit den Menschen
Der ZVPÖ hat sich proaktiv am Prozess der von Minister Anschober durchgeführten „Taskforce Pflege“ beteiligt. Schon vor dem Rücktritt von Minister Anschober wurde im Jänner 2021 bekannt, dass der sogenannten „Steuerungsgruppe“ der Task Force-Pflege, die aktiv in die Parteienverhandlungen zur Reform eingebunden werden sollte, die Verhandlungskompetenzen entzogen wurden. Darüber hinaus hat Minister Anschober im Rahmen der turnusmäßigen Zusammenkunft des BundesseniorInnenbeirats 2021 die Perspektive auf die Realisierung des „Rechts auf Pflege“ als verfassungsmäßig verankertes Rechtsgut in Aussicht gestellt.
Der ZVPÖ erinnert, nach einem neuerlichen Wechsel im Gesundheitsministerium, an die ursprüngliche Logik der Anschober-Reform und fordert mit Nachdruck die aktive Beteiligung von ExpertInnen aus den verschiedenen Praxisfeldern - sowohl der Pflege als auch der Ökonomie - bei den maßgeblichen Verhandlungen zur Pflegereform.
Der ZVPÖ fordert einen Pflegeausbildungsfonds. Dieser soll eine kostenfreie Ausbildung in jeder Ausbildungsstufe und allen Ausbildungsstätten ermöglichen. Dazu sind entsprechende Stipendien, Studienbeihilfen und Mittel zur Abdeckung von Studiengebühren bereitzustellen. Am wirkungsvollsten wäre es, AnwärterInnen für den Pflegeberuf bereits in der Ausbildungszeit existenzsichernde Gehälter auszuzahlen, wie es in Bereichen des öffentlichen Dienstes der Fall ist. Zusätzlich fordert der ZVPÖ ein, dass bei den laufenden Finanzverhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden die Ausbildung in den Zielbestimmungskatalog des Pflegefondsgesetzes festgeschrieben wird.
Der ZVPÖ fordert für die finanzschwachen BürgerInnen eine Zuzahlung nach dem Modell der Stadt Graz. Diese sozialpolitische Maßnahme macht es für die Menschen einfacher, in den eigenen vier Wänden bleiben zu können und zwar unabhängig vom mobilen Betreuungsausmaß, das sie zuhause in Anspruch nehmen. Solche Ausgleichszahlungen sorgen dafür, dass den Betroffenen jedenfalls die Höhe der Mindestpension erhalten bleibt.
Die Initiativen Ihres Vorgängers zum „Community Nursing“ sind durchaus erfreulich. Der ZVPÖ fordert darüber hinausreichend eine Versorgungsstruktur, die in der Lage ist, dem schwächsten Glied in der Kette – den betagten Menschen – eine möglichst umfassende Absicherung zu geben. Community Nursing soll mittelfristig zu einem größeren Zentrum - als Angebot für alle Altersgruppen - im Sinne eines „Gesundheits- Sozial- und Beratungszentrums für Alle“ ausgebaut werden. Obligate Berufs-Kompetenzen dafür sind aus Sicht des ZVPÖ: Kranken- und Gesundheitspflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Sozialbetreuung und Rechtsberatung. Eine konzeptionelle und rechtliche Verknüpfung mit den Primärversorgungseinheiten muss aus unserer Sicht angestrebt werden.
Die Forderungen des ZVPÖ als Interessensvertretung der älteren Generation – wie sie auch in unserer Pflegebroschüre vorliegen –, insbesondere zur Verbesserung der Situation für pflegende Angehörige und die 24-h-PersonenbetreuerInnen, bleiben selbstverständlich aufrecht.
3. Gesund älter werden
Die Stadt Wien hat bereits vor einigen Jahren das Gesundheitsziel: „Gesund älter werden“ definiert. In den Gesundheitszielen des österreichischen Gesundheitsministeriums kommt dieser wichtige Punkt nicht vor. Das muss rasch geändert werden! Der ZVPÖ fordert, dass das bestehende Vorsorgeprogramm der Krankenversicherungen, das mit Bundesbudgetgeldern ausgestattet ist, einer eingehenden Prüfung unterzogen wird. Insbesondere fordert der ZVPÖ die Aufnahme eines Programmes zur Früherkennung der Demenz in das Vorsorgeangebot mit einer festgelegten flächendeckenden Gutachtertätigkeit sowie die frühzeitige ärztliche Intervention, ergänzt durch ergo- und physiotherapeutische Behandlung in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Der ZVPÖ erwartet vom neuen Gesundheitsminister, dass die Ankündigung von Minister Mückstein bezüglich der Anhebung des Pflegegeldes bei manifester Demenz umgesetzt wird.
4. Solidarisch Beitrag leisten
Der Ausbau des Gesundheitswesens erfordert zusätzliche Mittel. Hier schlägt der ZVPÖ vor, die Höchstbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung aufzuheben. Das würde bedeuten, dass die 300.000 Wohlhabendsten ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechend zur solidarischen Krankenversicherung beitragen. Berechnungen ergeben, dass dadurch bis zu eineinhalb Milliarden Euro jährlich ins selbstverwaltete Krankenkassenwesen fließen könnten. Die Besteuerung von Vermögenswerten sollte längst Realität sein. Von einem Gesundheitsminister erwartet sich der ZVPÖ die unbedingte Unterstützung dieser Forderung.
5. Bewerte deinen Erfolg an seinen Kosten
Der ZVPÖ ist für die Wiedereinführung des PensionistInnenindex, der die Teuerung für PensionistInnenhaushalte anzeigt. Zum Unterschied zu früheren Berechnungsmethoden tritt unser Verband aber für eine Berechnung auf der Basis von Referenzbudgets für PensionistInnenhaushalte ein. Referenzbudgets umfassen Warenkörbe, die ein würdiges Leben im Alter ermöglichen und Altersarmut ausschließen. Dazu hat der ZVPÖ 2021 auch um Förderung für dieses Projekt beim Sozialministerium angesucht. Leider wurde unsere Projekteinreichung, die wir in Zusammenarbeit mit der Schuldnerberatung erstellt haben, als nicht förderungswürdig abgelehnt. Der ZVPÖ ersucht Herrn Minister Rauch um eine Neubewertung unserer Einreichung.
Über ein persönliches Gespräch würden wir uns sehr freuen.
Mag. Michael Graber
Bundesobmann
Herbert Fuxbauer
Bundessekretär
1. Für ein epidemiesicheres Österreich
Unklar für den ZVPÖ ist, welche Mittel für die Ausstattung der Gesundheitssysteme aus dem Wiederaufbaufonds, auch NextGenerationEU genannt, tatsächlich zielgerichtet für den Aufbau der Epidemie-Festigkeit zur Verfügung stehen, obwohl dies der eigentliche Anlass für die Finanzhilfe der EU war.
Der ZVPÖ fordert einen Epidemiefonds des Bundes, der die Kosten abdeckt, die anfallen um in den SeniorInnen- und Pflegeheimen jene Voraussetzungen zu schaffen, die es ermöglichen, eine Isolation der BewohnerInnen zu vermeiden. Dazu gehören ausreichende Vorräte an Schutzkleidungen, Masken, etc., sowie räumliche Adaptierungen und Vorkehrungen für Besuchsmöglichkeiten und vor allem eine entsprechende Zahl von Betreuungspersonen. Über den Fonds kann auch ein einheitlicher Standard für ganz Österreich durchgesetzt werden. Dies ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die letzte Pandemie. Unser Verband sieht einen Widerspruch darin, dass zwar zusätzliche Milliardenbeträge für Waffen und Militärpersonal bereitgestellt werden, das österreichische Gesundheitswesen aber nicht epidemiefest gemacht wurde und wird, und wir auf die versprochene Pflegemilliarde warten müssen.
2. Eine Reform der Pflege mit den Menschen
Der ZVPÖ hat sich proaktiv am Prozess der von Minister Anschober durchgeführten „Taskforce Pflege“ beteiligt. Schon vor dem Rücktritt von Minister Anschober wurde im Jänner 2021 bekannt, dass der sogenannten „Steuerungsgruppe“ der Task Force-Pflege, die aktiv in die Parteienverhandlungen zur Reform eingebunden werden sollte, die Verhandlungskompetenzen entzogen wurden. Darüber hinaus hat Minister Anschober im Rahmen der turnusmäßigen Zusammenkunft des BundesseniorInnenbeirats 2021 die Perspektive auf die Realisierung des „Rechts auf Pflege“ als verfassungsmäßig verankertes Rechtsgut in Aussicht gestellt.
Der ZVPÖ erinnert, nach einem neuerlichen Wechsel im Gesundheitsministerium, an die ursprüngliche Logik der Anschober-Reform und fordert mit Nachdruck die aktive Beteiligung von ExpertInnen aus den verschiedenen Praxisfeldern - sowohl der Pflege als auch der Ökonomie - bei den maßgeblichen Verhandlungen zur Pflegereform.
Der ZVPÖ fordert einen Pflegeausbildungsfonds. Dieser soll eine kostenfreie Ausbildung in jeder Ausbildungsstufe und allen Ausbildungsstätten ermöglichen. Dazu sind entsprechende Stipendien, Studienbeihilfen und Mittel zur Abdeckung von Studiengebühren bereitzustellen. Am wirkungsvollsten wäre es, AnwärterInnen für den Pflegeberuf bereits in der Ausbildungszeit existenzsichernde Gehälter auszuzahlen, wie es in Bereichen des öffentlichen Dienstes der Fall ist. Zusätzlich fordert der ZVPÖ ein, dass bei den laufenden Finanzverhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden die Ausbildung in den Zielbestimmungskatalog des Pflegefondsgesetzes festgeschrieben wird.
Der ZVPÖ fordert für die finanzschwachen BürgerInnen eine Zuzahlung nach dem Modell der Stadt Graz. Diese sozialpolitische Maßnahme macht es für die Menschen einfacher, in den eigenen vier Wänden bleiben zu können und zwar unabhängig vom mobilen Betreuungsausmaß, das sie zuhause in Anspruch nehmen. Solche Ausgleichszahlungen sorgen dafür, dass den Betroffenen jedenfalls die Höhe der Mindestpension erhalten bleibt.
Die Initiativen Ihres Vorgängers zum „Community Nursing“ sind durchaus erfreulich. Der ZVPÖ fordert darüber hinausreichend eine Versorgungsstruktur, die in der Lage ist, dem schwächsten Glied in der Kette – den betagten Menschen – eine möglichst umfassende Absicherung zu geben. Community Nursing soll mittelfristig zu einem größeren Zentrum - als Angebot für alle Altersgruppen - im Sinne eines „Gesundheits- Sozial- und Beratungszentrums für Alle“ ausgebaut werden. Obligate Berufs-Kompetenzen dafür sind aus Sicht des ZVPÖ: Kranken- und Gesundheitspflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Sozialbetreuung und Rechtsberatung. Eine konzeptionelle und rechtliche Verknüpfung mit den Primärversorgungseinheiten muss aus unserer Sicht angestrebt werden.
Die Forderungen des ZVPÖ als Interessensvertretung der älteren Generation – wie sie auch in unserer Pflegebroschüre vorliegen –, insbesondere zur Verbesserung der Situation für pflegende Angehörige und die 24-h-PersonenbetreuerInnen, bleiben selbstverständlich aufrecht.
3. Gesund älter werden
Die Stadt Wien hat bereits vor einigen Jahren das Gesundheitsziel: „Gesund älter werden“ definiert. In den Gesundheitszielen des österreichischen Gesundheitsministeriums kommt dieser wichtige Punkt nicht vor. Das muss rasch geändert werden! Der ZVPÖ fordert, dass das bestehende Vorsorgeprogramm der Krankenversicherungen, das mit Bundesbudgetgeldern ausgestattet ist, einer eingehenden Prüfung unterzogen wird. Insbesondere fordert der ZVPÖ die Aufnahme eines Programmes zur Früherkennung der Demenz in das Vorsorgeangebot mit einer festgelegten flächendeckenden Gutachtertätigkeit sowie die frühzeitige ärztliche Intervention, ergänzt durch ergo- und physiotherapeutische Behandlung in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Der ZVPÖ erwartet vom neuen Gesundheitsminister, dass die Ankündigung von Minister Mückstein bezüglich der Anhebung des Pflegegeldes bei manifester Demenz umgesetzt wird.
4. Solidarisch Beitrag leisten
Der Ausbau des Gesundheitswesens erfordert zusätzliche Mittel. Hier schlägt der ZVPÖ vor, die Höchstbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung aufzuheben. Das würde bedeuten, dass die 300.000 Wohlhabendsten ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechend zur solidarischen Krankenversicherung beitragen. Berechnungen ergeben, dass dadurch bis zu eineinhalb Milliarden Euro jährlich ins selbstverwaltete Krankenkassenwesen fließen könnten. Die Besteuerung von Vermögenswerten sollte längst Realität sein. Von einem Gesundheitsminister erwartet sich der ZVPÖ die unbedingte Unterstützung dieser Forderung.
5. Bewerte deinen Erfolg an seinen Kosten
Der ZVPÖ ist für die Wiedereinführung des PensionistInnenindex, der die Teuerung für PensionistInnenhaushalte anzeigt. Zum Unterschied zu früheren Berechnungsmethoden tritt unser Verband aber für eine Berechnung auf der Basis von Referenzbudgets für PensionistInnenhaushalte ein. Referenzbudgets umfassen Warenkörbe, die ein würdiges Leben im Alter ermöglichen und Altersarmut ausschließen. Dazu hat der ZVPÖ 2021 auch um Förderung für dieses Projekt beim Sozialministerium angesucht. Leider wurde unsere Projekteinreichung, die wir in Zusammenarbeit mit der Schuldnerberatung erstellt haben, als nicht förderungswürdig abgelehnt. Der ZVPÖ ersucht Herrn Minister Rauch um eine Neubewertung unserer Einreichung.
Über ein persönliches Gespräch würden wir uns sehr freuen.
Mag. Michael Graber
Bundesobmann
Herbert Fuxbauer
Bundessekretär