Wie das Antidiskriminierungsgesetz bestehende Diskriminierung prolongiert
- Mittwoch, 5. April 2023 @ 09:00
Haben Sie sich auch schon darüber geärgert, dass Sie zwar in Pension sind, aber dennoch nicht in den Genuss ermäßigter Tarife bei ÖBB, Wiener Linien und Co. kommen?
Quelle: https://awblog.at/trotz-pension-keine-ermaessigung-oeffis/
Das wäre ja schließlich logisch, bedeutet Pensionsantritt doch eine merkliche Verringerung des monatlich zur Verfügung stehenden Budgets. Aber nicht immer entspricht die eigene Logik jener des Gesetzgebers. Wie kommt es zu dieser Disharmonie der Logiken, sind doch die GesetzgeberInnen „unsere“ VertreterInnen?
2010 hatten zwei Kläger wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes und der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie auf Schadensersatz geklagt und vom Verfassungsgerichtshof Recht bekommen. Es verstieße gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn Frauen bereits mit 60 Anspruch auf eine Ermäßigung hätten und Männer erst mit 65. Die tatsächliche Pensionshöhe, die bei Frauen durchschnittlich 40% unter jener der Männer liegt (siehe Abb. 2), spielte dabei ebenso wenig eine Rolle wie dass dies letztlich alle betrifft, die bereits vor Erreichung des gesetzlichen Regelpensionsantrittsalters in Pension gehen (müssen). Der springende Punkt bei der Begründung dieses VfGH-Erkenntnisses von 2010 war, dass mit der Gewährung differenzierender Ermäßigungen keine geschlechtsspezifischen Benachteiligungen ausgeglichen werden könnten. So weit, so unlogisch, schließlich ist es ja die Summe an Ermäßigungen und Gebührenbefreiungen, die das Leben von PensionistInnen, vor allem jener mit niedriger Pension, erleichtert, wobei die Ermäßigung bei Mobilitätsausgaben nur eine davon ist.
Gesetzgeber kommt seiner Aufgabe nicht nach
Bemerkenswert ist zudem folgender Umstand: Das Erkenntnis des VfGH hat zwar die bis 2010 geltende Verordnung des Verkehrsministeriums, wonach der Pensionsantritt die Grundlage für die Gewährung einer Ermäßigung darstellt, aufgehoben, der Gesetzgeber hat sich aber nicht die Mühe gemacht, eine neue Verordnung zu erlassen. Stattdessen wurde die Regelungskompetenz den Verkehrsbetrieben zugeschoben.
Bei diesen einigte man sich darauf, ab 2012 die gemeinsame Altersgrenze für Männer und Frauen bei 60 Jahren festzulegen und diese Grenze dann alle zwei Jahre jeweils um ein Jahr zu erhöhen. 2019 galt demnach, dass als SeniorInnen Fahrgäste ab dem vollendeten 63. Lebensjahr anzusehen sind, seit 2022 sind Seniorinnen nun alle, die das 65. Lebensjahr erreicht haben.
Im Klartext heißt das:
Dass man die Gewährung von Ermäßigungen für alle an die Erreichung eines bestimmten Alters – und nicht an das reale Pensionsantrittsalter – geknüpft hat, hatte zur Folge, dass bis 2022 ein 64-jähriger gutverdienender Manager mit einem ermäßigten Ticket fahren konnte, eine 62-jährige Pensionistin mit kleinem Einkommen hingegen den Vollpreis zahlen musste (siehe Abb. 1). Bis Ende dieses Jahres (2023) gilt die Erreichung des 60. Geburtstages als reguläres Frauenpensionsalter, erst im Jahre 2034, also in 11 Jahren, wird das gesetzliche Pensionsantrittsalter für beide Geschlechter 65 Jahre sein.
Was zu tun wäre
Angesichts dieser Tatsachen gälte es zu klären, wie diskriminierend das Antidiskriminierungsgesetz nun tatsächlich ist oder ob es 2010 nur schlecht ausgelegt wurde. Weiters müsste geklärt werden, ob es nicht auch Kompensationszahlungen für die entgangenen Ermäßigungen geben müsste, da der Gesetzgeber seiner Aufgabe nicht nachgekommen ist.
Quelle: Wiener Zeitung, 3.8.2022
Aktuell geltende Ermäßigungen
Eine Ermäßigung, die SeniorInnen bereits ab 64 in Anspruch nehmen können ist die ÖBB Vorteilscard Senior, die € 29 kostet und stark vergünstigtes Reisen mit den Bundesbahnen ermöglicht; weiters das seit eineinhalb Jahren geltende Klimaticket für ganz Österreich, das für Menschen ab 64 jährlich € 821 kostet. Bei den Wiener Linien bekommen ermäßigte Jahreskarten alle erst ab 65, bei Einmalzahlung kostet diese € 235, bei monatlicher Abbuchung € 246.
Quelle: https://awblog.at/trotz-pension-keine-ermaessigung-oeffis/
Das wäre ja schließlich logisch, bedeutet Pensionsantritt doch eine merkliche Verringerung des monatlich zur Verfügung stehenden Budgets. Aber nicht immer entspricht die eigene Logik jener des Gesetzgebers. Wie kommt es zu dieser Disharmonie der Logiken, sind doch die GesetzgeberInnen „unsere“ VertreterInnen?
2010 hatten zwei Kläger wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes und der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie auf Schadensersatz geklagt und vom Verfassungsgerichtshof Recht bekommen. Es verstieße gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn Frauen bereits mit 60 Anspruch auf eine Ermäßigung hätten und Männer erst mit 65. Die tatsächliche Pensionshöhe, die bei Frauen durchschnittlich 40% unter jener der Männer liegt (siehe Abb. 2), spielte dabei ebenso wenig eine Rolle wie dass dies letztlich alle betrifft, die bereits vor Erreichung des gesetzlichen Regelpensionsantrittsalters in Pension gehen (müssen). Der springende Punkt bei der Begründung dieses VfGH-Erkenntnisses von 2010 war, dass mit der Gewährung differenzierender Ermäßigungen keine geschlechtsspezifischen Benachteiligungen ausgeglichen werden könnten. So weit, so unlogisch, schließlich ist es ja die Summe an Ermäßigungen und Gebührenbefreiungen, die das Leben von PensionistInnen, vor allem jener mit niedriger Pension, erleichtert, wobei die Ermäßigung bei Mobilitätsausgaben nur eine davon ist.
Gesetzgeber kommt seiner Aufgabe nicht nach
Bemerkenswert ist zudem folgender Umstand: Das Erkenntnis des VfGH hat zwar die bis 2010 geltende Verordnung des Verkehrsministeriums, wonach der Pensionsantritt die Grundlage für die Gewährung einer Ermäßigung darstellt, aufgehoben, der Gesetzgeber hat sich aber nicht die Mühe gemacht, eine neue Verordnung zu erlassen. Stattdessen wurde die Regelungskompetenz den Verkehrsbetrieben zugeschoben.
Bei diesen einigte man sich darauf, ab 2012 die gemeinsame Altersgrenze für Männer und Frauen bei 60 Jahren festzulegen und diese Grenze dann alle zwei Jahre jeweils um ein Jahr zu erhöhen. 2019 galt demnach, dass als SeniorInnen Fahrgäste ab dem vollendeten 63. Lebensjahr anzusehen sind, seit 2022 sind Seniorinnen nun alle, die das 65. Lebensjahr erreicht haben.
Im Klartext heißt das:
Dass man die Gewährung von Ermäßigungen für alle an die Erreichung eines bestimmten Alters – und nicht an das reale Pensionsantrittsalter – geknüpft hat, hatte zur Folge, dass bis 2022 ein 64-jähriger gutverdienender Manager mit einem ermäßigten Ticket fahren konnte, eine 62-jährige Pensionistin mit kleinem Einkommen hingegen den Vollpreis zahlen musste (siehe Abb. 1). Bis Ende dieses Jahres (2023) gilt die Erreichung des 60. Geburtstages als reguläres Frauenpensionsalter, erst im Jahre 2034, also in 11 Jahren, wird das gesetzliche Pensionsantrittsalter für beide Geschlechter 65 Jahre sein.
Was zu tun wäre
Angesichts dieser Tatsachen gälte es zu klären, wie diskriminierend das Antidiskriminierungsgesetz nun tatsächlich ist oder ob es 2010 nur schlecht ausgelegt wurde. Weiters müsste geklärt werden, ob es nicht auch Kompensationszahlungen für die entgangenen Ermäßigungen geben müsste, da der Gesetzgeber seiner Aufgabe nicht nachgekommen ist.
Quelle: Wiener Zeitung, 3.8.2022
Aktuell geltende Ermäßigungen
Eine Ermäßigung, die SeniorInnen bereits ab 64 in Anspruch nehmen können ist die ÖBB Vorteilscard Senior, die € 29 kostet und stark vergünstigtes Reisen mit den Bundesbahnen ermöglicht; weiters das seit eineinhalb Jahren geltende Klimaticket für ganz Österreich, das für Menschen ab 64 jährlich € 821 kostet. Bei den Wiener Linien bekommen ermäßigte Jahreskarten alle erst ab 65, bei Einmalzahlung kostet diese € 235, bei monatlicher Abbuchung € 246.