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Der Patientenmilliarde auf den faulen Zahn gefühlt

  • Mittwoch, 11. Dezember 2024 @ 17:36
Gesundheit
Das EU-verordnete Amalgamverbot ab Jänner stellt auch in Österreich die Zahnversorgung vor große Herausforderungen.

Aktuell stecken die Verhandlungen zwischen Zahnärztekammer und ÖGK zur öffentlich finanzierten Zahnerhaltsversorgung fest.

Da der ÖGK (Österreichische Gesundheitskasse) seit der türkis-blauen Sozialversicherungsreform 2018 anstatt der versprochenen „Patientenmilliarde“ ein kumuliertes Minus von rund 870 Millionen Euro aufgezwungen wurde, ist aktuell ihr Verhandlungsspielraum gegenüber der Zahnärztekammer geschmälert. Anhand der Diskussion um die Finanzierung von Zahnfüllungen erleben die Menschen in Österreich daher ganz konkret die Folgen der schwerwiegenden türkis-blauen Fehlentscheidungen des Jahres 2018.

Die Kasse wäre bereit gewesen, 20% mehr als bisher für amalgamfreie Füllungen zu zahlen, wobei sie das relativ neue, in Kassenambulatorien erprobte weiße Material Alkasit forciert. Die Zahnärztekammer hingegen will nur den materialtechnisch unterlegenen Glasionomerzement als für die Patienten gratis akzeptieren, alles andere soll aus Sicht der Standesvertretung Privatleistung sein – ein Zusatzeinkommen für ZahnärztInnen und Privatversicherer.

Derzeit gibt es österreichweit ca. 350 VertragszahnärztInnen, die auch bisher – je nach Notwendigkeit – bis zu 4 verschiedene amalgamersetzende weiße Füllungen aus Kunststoff und Leistungstarife für den Frontzahnbereich mit den Kassen verrechnen konnten. Im Seitenzahnbereich bezahlten aber die Krankenversicherungen nur Zahnfüllungen aus Amalgam. Wurden diese Füllungen aus Kunststoff ausgeführt, mussten diese auch bei einer Vertragszahnärztin bzw. einem Vertragszahnarzt privat bezahlt werden. Die Honorarnoten für Füllungen aus Kunststoff im Seitenzahnbereich konnten bei der ÖGK eingereicht werden, die 80 % der tariflichen Kosten für eine Füllung aus Amalgam refundierte. Wie hoch künftig die Kostenerstattung der Kasse für privat bezahlte Alkasit-Füllungen sein wird, die man sich als PatientIn dann zurückholen kann, ist laut ÖGK noch nicht festgelegt.

Der Raub an der privaten Tasche der Versicherten

Die Zahnärztekammer verweist in den aktuellen Verhandlungen auf höhere Einkaufskosten für das alternative Material und auf längere Verarbeitungszeiten an den PatientInnen, was ihre Honorarforderungen an die Kassen steigen lässt. Sie äußert die Befürchtung, dass sich ab Jänner noch mehr KassenzahnärztInnen für eine Privatpraxis entscheiden, wenn für die Amalgam-Alternativen kein ausreichender Kostenersatz bezahlt wird. Gleichzeitig überbieten sich die privaten Versicherungsanbieter gegenseitig mit ihren „Zahnerhalt-Versicherungsprodukten“.

Die ÖGK versucht jetzt den bislang gescheiterten Gesamtvertrag mit der Zahnärztekammer zu umgehen und mit einzelnen ZahnärztInnen gesonderte Verträge abzuschließen. Bisher haben die elf privaten Zahnambulatorien in Österreich dieses Angebot angenommen, auch in den 61 kasseneigenen Zentren wird es eine Gratisversorgung mit dem „neuen, guten Material“ Alkasit geben.

Hier ist die Liste der Zahngesundheitszentren der ÖGK

Welche anderen VertragszahnärztInnen kostenlose Alkasit-Füllungen anbieten, müssen die PatientInnen vorerst bei ihren ZahnärztInnen bzw. in ihrem Privatambulatorium erfragen.

Mit welchen Privat-Kosten muss der/die BürgerIn rechnen?
  • 60-300 € für eine Komposit-/Kunststoff-/Glasionomerzement-Füllung bei kleinen und mittleren Zahndefekten
  • 350-550 € für ein Keramik-Inlay und
  • 450-700 € für ein Gold-Inlay
    Der ZVPÖ fordert die kommende Bundesregierung auf, umgehend die Refinanzierung der seit 2019 der ÖGK vorenthaltenen Gelder zu leisten. Denn es gilt nach wie vor die Rechtsbestimmung, dass, wenn der Staat die Gesundheitsversorgung an die selbstverwalteten Kassen auslagert, er auch dafür zu sorgen hat, dass die erbrachten Leistungen vollumfänglich ausfinanziert werden können.