PensionistInnen bleiben im Visier der „Sparer"
- Mittwoch, 12. März 2025 @ 15:41

von Hilde Grammel
Der mit den Vorgaben der EU harmonisierte Budgetpfad bis 2028 sieht für Pensionsausgaben Einsparungen von € 1,45 Mrd. vor, bis 2031 sollen es € 2,9 Mrd. sein. Im nun vorliegenden Regierungsprogramm findet sich eine Reihe an bereits in den vorherigen Verhandlungen angedachten Eingriffen ins öffentliche Pensionssystem.
- Unmittelbar soll der Krankenversicherungsbeitrag der PensionistInnen von 5,1% auf 6% ab 1.6.2025 (€200-300 im Jahr) erhöht werden. Hintergrund ist das wachsende Defizit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Nicht enthalten ist die Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage für die Krankenversicherungsbeiträge. Denn alle Einkommen über €6.450 (2025) zahlen für den Einkommensanteil, der über diesem Betrag liegt, derzeit keinen Cent in die ÖGK ein.
- Die Aliquotierung wird wieder eingeführt, d.h. im ersten Pensionsjahr wird die Inflation nur um 50% abgegolten.
Während man heute nicht mehr unelegant sagt, dass das Pensionsalter erhöht werden soll und eine konkrete Zahl angibt, z.B. 67, spricht man von einem „Maßnahmenmix“, der die Menschen länger in Arbeit halten soll. Wird das erklärte Ziel einer Anhebung des faktischen Pensionsalters und der Beschäftigungsquote der Älteren bis 2030 nicht erreicht, tritt ein „Nachhaltigkeitsmechanismus“ in Kraft. Hebel, mit denen die Regierung dann eingreifen wird, sind:
- Erhöhung des gesetzlichen Pensionsalters
- Aussetzen der Pensionsanpassungen
- Erhöhung des Beitragssatzes 1)
- Senkung des Kontoprozentsatzes2)
- Korridorpension
Um eine Korridorpension zu erhalten, muss man 62 Jahre alt sein und mindestens 480 Versicherungsmonate (= 40 Jahre) erworben haben. Ab 2035 soll das Zugangsalter auf 63 Jahre erhöht werden, die erforderlichen Versicherungsmonate auf 504 (= 42 Jahre). - Teilpension
Inzwischen können Versicherte, die die Anspruchsberechtigung für die Korridorpension erfüllen und das 62. Lebensjahr vollendet haben, weiter am Erwerbsleben teilnehmen und gleichzeitig mehr Freizeit beanspruchen. Die wöchentliche Arbeitszeit kann zwischen 40% und 60% reduziert werden. Einen Anspruch auf eine geblockte Freizeitphase gibt es allerdings nicht. Für die entfallende Arbeitszeit zahlt das AMS 50% Lohnausgleich, was bedeutet, dass das Gehalt nur halb so stark sinkt wie die Arbeitszeit. Vorteil gegenüber der Korridorpension: Wer mit 62 Jahren eine Korridorpension antritt, hat mit Abschlägen von 5,1% jährlich zu rechnen (= 15% der Bruttopension). Wer in Teilpension weiterarbeitet, vermeidet diese Abschläge. Wie schaut das Prozedere aus? Nach dem Stichtag wird die Arbeitszeit reduziert, ein Teil des Pensionskontos wird geschlossen und die zustehende Pension zu diesem Zeitpunkt berechnet. Zwischen dem Pensionsantritt und dem 68. Geburtstag kann das gesamte Pensionskonto geschlossen werden. Die Gesamtpension wird aus der bestehenden Pension und der erworbenen Teilpension gebildet. Interessant daran ist, dass die Zahl 68 genannt wird als Limit, bis zu dem man arbeiten kann. - Älterenbeschäftigungspaket
Um Menschen länger in Beschäftigung zu halten, soll es eine Qualifizierungsoffensive für ältere ArbeitnehmerInnen geben. Betriebe sollen motiviert werden, mit der Umschulung der Beschäftigten für altersgerechte Arbeitsplätze früh genug zu beginnen. Menschen, die schwere Berufe ausüben, sollen Umstiegsmöglichkeiten bekommen, damit auch sie länger dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Damit Betriebe Menschen über 60 beschäftigen, soll es ein Anreizsystem geben. Nicht verankert ist das von der Vorsitzenden der Alterssicherungskommission geforderte Bonus-Malus-System für Betriebe, die ihre MitarbeiterInnen nicht bis zur Pension halten. - Neue Zuverdienstregeln
Einführung eines attraktiven „Arbeiten im Alter“-Modells, in dem das Zuverdiensteinkommen der ArbeitnehmerInnen mit 25% endbesteuert wird, jedoch keine Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen sind. Die Dienstgeber entrichten den halben Beitrag zur Pensions- und zur Krankenversicherung, die restlichen Lohnnebenkosten (Arbeitslosen- und Unfallversicherung) bleiben gleich. Der Deckel für das begünstigte Einkommen ist noch zu klären. Das Modell hat einen Rahmen von € 300 Mio. ab 2026 und € 470 Mio. ab 2027. Anders als bei der Teilpension ist mit dieser Möglichkeit keine Aufwertung des Pensionskontos verbunden. Das Problem ist die einheitliche Besteuerung aller Zuverdiensteinkommen, d.h., ungleich hohe Einkommen werden gleich hoch besteuert. Ärmeren Leuten bleibt von ihrem Zuverdienst viel weniger als Menschen, die hohe Summen zusätzlich zu ihrer Pension dazuverdienen. Jedenfalls wird das Budget mit dieser Maßnahme nicht ent-, sondern belastet, weil sich „Fleiß ja lohnen soll“. (€ 300-470 Mio. Belastung des Budgets) - Aktion 55Plus
Existenzsichernde soziale Arbeit für Langzeitarbeitslose soll mit € 50 Mio. pro Jahr ab 2026 und zusätzlich € 50 Mio. ab 2027 bereitgestellt werden, Letzteres unter Budgetvorbehalt. Als Beispiel werden Seniorentaxis am Land genannt, die es ermöglichen sollen, einer solchen Arbeit nachzugehen. (€ 50 Mio. Belastung des Budgets) - Reform von Reha-Geld, Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspension
Für kranke Menschen wird der vorzeitige Pensionsantritt massiv erschwert. In Zwischenstufen soll überprüft werden, ob eine Erwerbsunfähigkeit weiter anhält, bei gesundheitlichen Schäden wird eine Teilarbeitsfähigkeit überprüft. Der Berufsschutz wird zum Entgeltschutz weiterentwickelt, d.h., man hat keinen Anspruch darauf, in seinem Beruf zu arbeiten, sondern nur mehr darauf, überhaupt irgendeinen Arbeitsplatz zu bekommen. Das AMS soll in die Antragsstellung auf Berufs- und Invaliditätspension integriert werden und während des Bezugs Umschulungen anbieten. BezieherInnen von Reha-Geld haben mit forcierten Maßnahmen zu rechnen. Nach einem Jahr wird der Gesundheitszustand / die Arbeitsfähigkeit neu beurteilt.
Der Generalpensionskassenvertrag soll gestärkt werden, damit auch Personen, die in einem Unternehmen ohne Pensionskassenvertrag beschäftigt sind, die Möglichkeit haben, ihre Abfertigung in eine Pensionskasse (eine von acht in Österreich ansässigen Aktiengesellschaften mit der Konzession, Pensionskassengeschäfte zu betreiben) einzubringen, um daraus eine lebenslange Pension zu beziehen. Damit würde auch für die 75% der unselbstständig Erwerbstätigen der Zugang zu einer Betriebspension eröffnet werden. Diese 3,5 Millionen Anspruchsberechtigten auf eine Abfertigung Neu sollen auf einen Teil ihres Gehalts verzichten und dieses in Pensionskassenbeiträge umwandeln lassen. Somit würden nicht nur Arbeitgeber in die Vorsorgekasse einzahlen (aktuell 1,53% des monatlichen Entgelts für die Abfertigung neu), sondern auch die Arbeitnehmer_innen. Mit der damit einhergehenden Gehaltsumwandlung würden Ressourcen aus dem öffentlichen Pensionssystem in private Pensionskassen umgeschichtet, um auf dem Finanzmarkt veranlagt zu werden.
Könnten nicht eigentlich die Gelder der Abfertigung neu ins öffentliche Pensionssystem einbezahlt werden und bei Pensionsantritt entweder entnommen oder als lebenslange Zusatzpension jeden Monat ausbezahlt werden? Zusätzliche, von den Arbeitnehmer_innen freiwillig getätigte Zahlungen könnten ebenfalls dorthin erfolgen, um die spätere Pension zu erhöhen. Dann erspart man sich den risikoreichen Umweg über Verträge mit Pensionskassen.
1)Der Beitragssatz ist ein gesetzlich festgelegter Prozentsatz, der jeden Monat vom Brutto-Erwerbseinkommen als Beitrag zur Pensionsversicherung abgezogen wird.
2)Der Kontoprozentsatz (Aufwertungsfaktor) ist ein gesetzlich festgelegter Wert, aktuell 1,78%. 1,78 % des Jahresbruttoeinkommens werden als Teilgutschrift am Pensionskonto gutgeschrieben.